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Der CO2-Fußabdruck der Digitalisierung : Was ist wahr oder falsch?

 

Auch wenn die ökologische Dringlichkeit dazu führt, dass die Auswirkungen unserer digitalen Aktivitäten hinterfragt werden, bleibt ihre genaue Messung komplex, da die berücksichtigten Parameter so unterschiedlich sein können.

Um über ökologische Fragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung nachzudenken, muss man den tatsächlichen Umfang verstehen, im Gegensatz zur Vorstellung einer “immateriellen” Infrastruktur. Unterseekabel, Data centers, See- und Straßenverkehr, Sendemasten, Router, Terminals: Die digitale Welt ist ein komplexes System.Als Ergebnis technischer, politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen bedeutet diese riesige Infrastruktur die Nutzung natürlicher Ressourcen, den Verbrauch von Energie, Treibhausgasemission, den Einsatz von Chemikalien und die Produktion von Abfall.

Diese Probleme sind jedoch nicht nur auf die digitale Welt beschränkt und müssen immer ganzheitlich betrachtet werden, sowohl in ihrem gesellschaftlichen Kontext als auch im Hinblick auf andere Aktivitäten oder Konsumformen. Die CO2-Emissionen, die durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursacht werden, sind ein besonders wichtiger Indikator, um die ökologischen Auswirkungen eines Sektors oder einer Aktivität abzuschätzen. Im digitalen Bereich werden diese Treibhausgase vor allem bei der Produktion von Geräten freigesetzt: Rohstoffgewinnung,Verkehr, Bearbeitung, Zusammenstellung.

Ausserdem werden die für den Betrieb der Geräte benötigten Komponenten meist in China hergestellt, wo der Strom hauptsächlich aus Kohle stammt. Der durch die Nutzung der Geräte verursachte CO2-Fußabdruck hängt wiederum stark davon ab, woher der für Online-Aktivitäten benötigte Strom stammt, was von Land zu Land sehr unterschiedlich sein kann.Die CO2-Auswirkung für denselben Zweck kann daher je nach Energieart unterschiedlich ausfallen. In der Nutzungsphase der Geräte, in der immer mehr Cloud-Dienste in Anspruch genommen werden, entfällt ein großer Teil des Energieverbrauchs auf die Data center.

Diese Infrastrukturen sind sehr energieintensiv, streben aber dennoch eine CO2-Neutralität an. In den letzten Jahren haben sich die großen digitalen Unternehmen aktiv für diesen Weg eingesetzt.So behauptet Google, dass seine Data center seit 2007 CO2-neutral sind, und das Ziel eines vollständigen Verzichts auf diese Art von Emissionen wird für Ende 2030 angestrebt. Schließlich ist zu betonen, dass die Digitalisierung zwar in den Medien viel Aufmerksamkeit erregt, aber nur 4-5% der weltweiten CO2-Emissionen ausmacht, d.h. einen geringen Anteil, der sich auf die Industrie (39%), den Verkehr (27%), Gebäude (28%) und verschiedene andere Sektoren (6%) verteilt.

Allerdings ist der digitale Bereich stark auf dem Vormarsch und diese Zahl könnte noch weiter steigen. Wenn man nur die Nutzungsphase berücksichtigt, macht auf die Digitalisierung etwa 3-4 % des weltweiten Energieverbrauchs aus. Im Laufe der Jahre sind die Geräte immer energieeffizienter geworden, und dennoch sinkt der Gesamtstromverbrauch der Digitaltechnik nicht.In diesem Zusammenhang erwägen einige Länder (insbesondere Frankreich) Maßnahmen, um die Nutzer dazu zu bewegen, ihren Datennutzung zu senken. Aber wie eng sind Datenverbrauchund Energieverbrauch miteinander verknüpft? Anders als man meinen könnte, ist das Verhältnis zwischen Daten- und Energieverbrauch nicht direkt linear.

Die Nutzung des Mobilfunknetzes oder des WLANs zum Beispiel hat fixe Kosten, die relativ stabil bleiben. Wenn alle Mobilfunkkunden ihren Datenverbrauch halbieren würden, würden die Energiekosten nicht um die Hälfte sinken. Dasselbe gilt für WLAN: Die Wifi-hotspots bleiben in der Regel ständig eingeschaltet und ihr Energieverbrauch ist nicht proportional zur Anzahl der übertragenen Daten. Eines der Argumente der Befürworter von 5G ist gerade, dass diese Technologie energieeffizienter wäre, da die Sendemasten bei geringem Bedarf “in den Standby-Modus” versetzt werden könnten.

Die Vorstellung, dass digitale Nüchternheit durch eine Begrenzung des Datenverbrauchs erreicht werden könnte, ist daher nicht selbstverständlich. Das Prinzip der Mobilfunktarife mit begrenzter Datenmenge entspricht eher den wirtschaftlichen Bedenken der Telefonanbieter, die versuchen, ihre Investitionen in die Infrastruktur zu rentabilisieren, als dass es der ökologischen Sache dient. Wenn die ökologische Dringlichkeit dazu führt, dass die Auswirkungen unserer digitalen Aktivitäten hinterfragt werden, bleibt ihre genaue Messung komplex, da die berücksichtigten Parameter so unterschiedlich sein können.