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Der Online-Schalter hat Luft nach oben

 

Wir leben in einem Zeitalter der Dienstleistungen, in dem Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit so gross geschrieben werden wie nie zuvor in der Geschichte unserer Gesellschaft. In der Schweiz, international gesehen einer regelrechten Dienstleistungs-Hochburg, wurden behördliche Services (Online-Schalter bzw. E-Government-Dienste) in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. E-Government ist seit geraumer Zeit ein nicht mehr wegzudenkendes Politikum in unserem Land.

Im Jahr 2018 hat der Bundesrat die “E-Government-Strategie Schweiz 2020–2023” gutgeheissen, in welcher die Massnahmen für den E-Government-Ausbau bis 2023 festgehalten wird. Verkürzt gesagt will die Regierung im Rahmen der Umsetzung vermehrt auf digitale statt analoge Lösungen für behördliche Dienstleistungen setzen und dabei sowohl Effizienz wie auch Qualität für die Bevölkerung steigern. Aber wo stehen wir heute und wie zufriedenstellend sind die heute implementierten Lösungen?

 

Guter, aber unstrukturierter Ausbau

In der Schweiz stellen etwa 90 Prozent der Kantone behördliche Dienstleistungen über den digitalen Kanal zur Verfügung. Spitzenreiter ist die Fristverlängerung für Steuererklärungen, die von 88 Prozent der Kantone vollständig digital und von 8 Prozent der Kantone teils digital angeboten wird. Auffällig im Vergleich zu den Kantonen ist, dass die Gemeinden einen bedeutend schwächeren Ausbau der E-Government-Leistungen aufweisen. Zurückzuführen sei dies besonders auf den Mangel an Personalressourcen und mangelhafter Rechtsgrundlagen, wie die Verantwortlichen in Befragungen angeben. Die Einwohner wünschen sich derweil jedoch genau einen verstärkten Ausbau der Leistungen auf kommunaler Ebene.

Eine weitere Herausforderung scheint der Einsatz der vorhandenen Lösungen für E-Government-Portale zu sein: Die Kantone und Gemeinden nutzen offenbar verschiedenste Systeme, aus Benutzersicht ist zumindest keine klare Linie in der Usability oder den Prozessen ersichtlich. Dies erschwert die Interaktion massgeblich – besonders, wenn als Person oder Firma in mehreren Kantonen ähnliche Dienstleistungen bezogen werden müssen, etwa bei Personen mit mehreren Arbeitsstellen oder Wohnsitzen.

 

Zeitgemässe Dienstleistungen

Im internationalen Vergleich steht die Schweiz zwar ziemlich gut da, belegt aber keine Spitzenposition: Im E-Government-Entwicklungsindex reichte es für Platz 15 von 193. Gemessen an der aussergewöhnlich hohen Lebensqualität, der fast einzigartigen physischen Infrastruktur und der Rolle der Schweiz als Innovationszentrum für technologische Entwicklung ein Ergebnis, das getrost hinterfragt werden darf.

In Befragungen – etwa für die Nationale E-Government-Studie 2019 ‒ beurteilt ein Grossteil der Bevölkerung das derzeitige Angebot als ausreichend. Ein akzeptables Ergebnis, aber eben nur akzeptabel, wenn wir ehrlich sind. Da geht also sicherlich mehr.

Die Schweiz ist ein Dienstleistungsland mit höchsten Ansprüchen und internationalem Top-Niveau. Höchste Zeit also, dass sich das in unseren E-Government-Dienstleistungen widerspiegelt.

Matthias Wintsch