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Das Zeitalter des Fake: Die digitale Gesellschaft und die Desinformation

 

Dennoch wird es notwendig, mit ihm zu leben und die zunehmend subtileren kognitiven Verzerrungen zu korrigieren, die unter dem Drang künstlicher Intelligenz die Explosion von Fake News und Deep Fake begünstigen. Sofern Sie in den sozialen Netzwerken aktiv sind, werden sie Ihnen nicht entgangen sein. Auf Facebook, Instagram oder Twitter vergnügen sich Ihre Bekanntschaften damit, sich in kurzen und gespenstig viral gehenden Videos den Kopf von Leonardo di Caprio, Will Smith, Einstein oder Messi aufzumontieren. Es war im Januar 2020 während des Weltwirtschaftsforums (WEF): Am Rande der diplomatischen Beratungen kann am Stand des chinesischen Wissenschaftlers Hao Li jeder einen Augenblick in die Haut eines anderen schlüpfen

Denn Hao Li produziert Deep Fakes live. Das Wort ist zusammengezogen aus Deep Learning (engl. für «tiefes Lernen», einer Form künstlicher Intelligenz) and Fake (engl. für «Fälschung») und besteht darin, falsche Videos von existierenden Menschen herzustellen, indem Stimmen ausgehend von bestehendem Material reproduziert und neue Texte kreiert werden. Dank seines äusserst leistungsstarken Rechners produziert Hao Li sie gar fast industriell. Die Maschine erkennt das Gesicht und seine Bewegung, und kann jede beliebige Identität daraufpappen. Beim Publikum löste das Bewunderung aus, andere lachten gezwungen.

An sich ist dieser Schwindel harmlos. Nur ist die künstliche Intelligenz heutzutage imstande, gefälschte Videos von erstaunlicher Realität zu kreieren. 2016 hat das Ex-US-Präsident Barack Obama leidvoll erfahren müssen. In jüngerer Zeit fanden sich die Schauspielerinnen Scarlett Johansson und Emma Watson gegen ihren Willen in Pornos wieder. Unter dem Deckmantel technischen Fortschritts verbirgt sich hinter Deep Fakes eine reale Bedrohung, insofern sie der Verbreitung von Falschinformation Vorschub leisten. Die sozialen Netzwerke nehmen das Problem sehr ernst, bekommen es aber nicht völlig in den Griff.

So kündigte Facebook am 6. Januar 2020 an, die Sichtbarkeit solch gefälschter Videos minimieren zu wollen. Seit September 2019 ist dieses neue Werkzeug der Desinformation im Visier des sozialen Netzwerks. Es sei daran erinnert, dass der Vorwurf der Fake News massgeblich Facebook gegenüber erhoben wurde. Aber wie reduziert man die Sichtbarkeit einer Technik, die durchdreht? Facebook möchte Inhalte sanktionieren, indem es deren Werbeeinahmen verhindert. Die falschen Videos würden überdies mit dem Hinweis Fake News versehen. Aber was an einer Stelle des Internets verschwindet, taucht an einer anderen wieder auf. Darin besteht die Magie des Internets. Sicher ist jedenfalls, dass die Jagd nach Deep Fakes sich als wahre Herausforderung für die Inhaltsprüfung von Facebook erweist. Welche Inhalte entsprechen der Wahrheit? Was ist Parodie? Und was dient der Desinformation?

Diese Fragen sind des Pudels Kern und zwar vor allem deswegen, weil solche gefälschten Videos täglich an Wahrheitsgehalt hinzugewinnen. Der Fehler liegt im Algorithmus, der mit grosser Geschwindigkeit lernt, das Gesicht zu reproduzieren. Aber wie? Wie alle Formen künstlicher Intelligenz benötigt die Technik Treibstoff. In diesem Fall handelt es sich um eine gigantische Bilddatenbank, die dem Algorithmus als Basis für sein Lernen dient. Je mehr man sie mit Bildern füttert, desto leistungsfähiger werden die Algorithmen. Und wo finden sich diese Fotos? Auf Facebook, auf Instagram, auf Twitter… Das US-amerikanische Start-up Clearview AI hat keine Erlaubnis eingeholt, um sich an ihnen zu bedienen.

Wie die New York Times im Januar 2020 berichtete, hat Clearview in den sozialen Netzwerken sowie auf Job-, Informations- und Bezahlwebseiten die Gesichter von 3 Milliarden Menschen illegal abgegriffen. Das US-amerikanische Unternehmen bietet seine Dienstleistungen der Gesichtserkennung ca. 600 Polizeistellen in den USA an. Erkennen Sie die Gefahr? Mit dem exponentiellen Anstieg online verfügbarer Bilder und der Herausbildung der Gesichtserkennung wird es zunehmend leichter, qualitativ hochwertige Deep Fakes zu produzieren. Nur ist es dann nicht mehr Scarlett Johanssons Gesicht, sondern Ihres.

Redaktion – Mehdi Atmani – Flypaper Media _ Illustration – Jérôme Viguet – Cartoonbase SÀRL

Umfrage – die Wahrheit gegen die Lüge: Vertrauensbildung im Zeitalter der Fake News

Die digitale Entwicklung bringt Umwälzungen mit sich. Auch die Information ist davon betroffen. Von der Produktion über den Konsum bis hin zu den Verbreitungskanälen hat sich ihr Gesicht radikal verändert. Einerseits versuchen die Medien, sich an die neuen Technologien anzupassen.

Andererseits sind die sozialen Netzwerke zu weltweiten Propagandawerkzeugen für ungeprüfte Inhalte geworden.Um gemeinsam Lösungen für die Verbreitung von Falschinformationen zu finden, legen wir Ihnen diesen kurzen Fragebogen vor.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch “Ein Einblick in 20 Jahre Innovation”. Softcom ist 20 Jahre alt geworden und hat sich mit den Herausforderungen der Digitalisierung auseinandergesetzt, wie sie in den letzten Jahren erlebt wurde. Es ist aber vor allem auch eine zukunftsorientierte Auseinandersetzung, in der nicht nur die Chancen, sondern auch die Grenzen und Risiken thematisiert werden.

Dieses einmalige Buch würden wir Ihnen sehr gerne schenken.